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Festlicher Abendtisch

Der Blog von Maamin

Hebräischer Lifestyle & Knowhow

Pessach und die Arbeit: Wann dürfen wir faulenzen und wann nicht?

Aktualisiert: 14. Apr.

Während sich viele von euch sicherlich schon auf die köstlichen – wenn auch chametzfreien – Mahlzeiten und die bedeutungsvollen Sederabende freuen, stellt sich jedes Jahr aufs Neue eine zentrale Frage: „An welchen Tagen von Pessach darf ich eigentlich nicht arbeiten?“


🗓️ Pessach: Eine kurze Übersicht

Bevor wir ins Detail gehen, werfen wir einen kurzen Blick auf das Fest selbst: Pessach ist das Fest der Freiheit, an dem wir den Auszug unserer Vorfahren aus der Sklaverei in Ägypten feiern. In der Diaspora (außerhalb Israels) dauert Pessach acht Tage, während es in Israel nur sieben Tage umfasst.


Doch bedeutet das, dass an allen acht (bzw. sieben) Tagen Arbeitsverbot herrscht? Keineswegs – und genau hier beginnt für viele die Verwirrung.


🚫 Die Jom-Tow-Tage: An diesen Tagen ruht die Arbeit

Zunächst das Wichtigste: Nicht alle Tage von Pessach haben denselben religiösen Status.

In der Diaspora gelten insgesamt vier Tage als vollwertige Feiertage (Jom Tow), an denen ähnliche Arbeitsverbote wie am Schabbat bestehen:


  • Der erste Tag (15. Nissan) – Beginn des Pessachfestes

  • Der zweite Tag (16. Nissan) – Zweiter Sederabend in der Diaspora

  • Der siebte Tag (21. Nissan) – Erinnerung an die Teilung des Schilfmeers

  • Der achte Tag (22. Nissan) – Abschluss des Festes (nur in der Diaspora)


In Israel hingegen gelten nur der erste und der siebte Tag als Jom-Tow-Tage mit Arbeitsverbot.


🔧 Was bedeutet „nicht arbeiten“ an Jom Tow?

An diesen Tagen gelten weitgehend dieselben Einschränkungen wie am Schabbat. Das heißt, folgende Tätigkeiten sind in der Regel nicht erlaubt:


  • Erwerbsarbeit jeglicher Art

  • Schreiben und kreative Tätigkeiten

  • Elektronische Geräte bedienen (für jene, die der traditionellen Halacha folgen)

  • Autofahren

  • Geld benutzen

  • Einkaufen


Allerdings gibt es einige wesentliche Unterschiede zum Schabbat. Am Jom Tow ist es unter bestimmten Bedingungen erlaubt:


  • Zu kochen – jedoch nur von einem bereits brennenden Feuer oder einem eingeschalteten Herd

  • Feuer von einer bestehenden Flamme zu übertragen

  • Essen zu transportieren – auch außerhalb eines Eruvs


Diese Ausnahmen beruhen auf der Torah, die ausdrücklich betont, dass die Zubereitung von Speisen (Ochel Nefesch) an Jom Tow erlaubt ist. Was für ein Segen – stellt euch vor, wir müssten den Seder mit kaltem Essen feiern! 🍽️


🌴 Chol HaMoed: Die Zwischentage von Pessach

Die Tage zwischen den ersten und letzten Jom-Tow-Tagen nennt man Chol HaMoed – wörtlich: „alltägliche Tage des Festes“. In der Diaspora sind das der 3., 4., 5. und 6. Tag von Pessach (17.–20. Nissan); in Israel der 2. bis 6. Tag (16.–20. Nissan).


An Chol HaMoed ist Arbeit grundsätzlich erlaubt, doch unsere Weisen haben bestimmte Einschränkungen eingeführt, um den festlichen Charakter dieser Tage zu wahren.


🛠️ Was ist an Chol HaMoed erlaubt – und was nicht?

Die Regeln an Chol HaMoed sind deutlich weniger streng als an Jom Tow, dennoch gibt es wichtige Richtlinien. Grundsätzlich sollen Tätigkeiten vermieden werden, die:


  • ohne Weiteres verschoben werden können

  • besonders anstrengend sind

  • uns vollständig vom Fest ablenken


✅ Erlaubt an Chol HaMoed:

  • Notwendige berufliche Tätigkeiten, besonders bei drohendem finanziellen Verlust

  • Arbeit für das öffentliche Wohl

  • Tätigkeiten von Personen, die auf ihr tägliches Einkommen angewiesen sind

  • Einkäufe für die Festfreude

  • Tätigkeiten, die zur Freude an den Festtagen (Simchat Jom Tow) beitragen

  • Dringende Reparaturen


❌ Zu vermeiden an Chol HaMoed:

  • Umfangreiche Geschäftstätigkeiten

  • Zeitintensive handwerkliche Projekte

  • Schwere körperliche Arbeiten, die aufgeschoben werden können

  • Routinetätigkeiten im Beruf, wenn kein wirtschaftlicher Schaden entsteht


🧠 Erev Pessach: Der Tag vor dem Fest

Ein besonderer Tag, den wir nicht übersehen sollten, ist Erev Pessach – der Tag vor dem Beginn des Festes (14. Nissan). Obwohl an diesem Tag kein formales Arbeitsverbot besteht, ist es Brauch, ab Mittag (nach der sechsten Stunde des Tages) keine reguläre Arbeit mehr zu verrichten.


Warum? Nun, denkt nur an all die Vorbereitungen, die noch anstehen: das letzte Chametz entfernen, die Mahlzeiten für den Seder vorbereiten, die Wohnung festlich herrichten – all das braucht Zeit. Außerdem sollen wir ausgeruht und bereit in das Fest starten, nicht erschöpft von einem langen Arbeitstag.


📜 Die halachischen Grundlagen: Woher kommen diese Regeln?

Vielleicht fragt ihr euch, warum es überhaupt eine so differenzierte Aufteilung zwischen Arbeits- und Ruhetagen an Pessach gibt. Die Antwort liegt – wie so oft – in der Torah.

In Wajikra (3. Buch Mose) 23,7–8 heißt es zum Pessachfest:

„Am ersten Tag sollt ihr eine heilige Versammlung abhalten; da sollt ihr keine Dienstarbeit verrichten. […] Am siebten Tag ist eine heilige Versammlung; da sollt ihr auch keine Dienstarbeit verrichten.“

Die Torah bezeichnet diese Tage als Mikra Kodesch („heilige Versammlung“) und untersagt Melachet Avoda („Dienstarbeit“). Die mündliche Torah und rabbinische Auslegungen haben diese Vorgaben konkretisiert und festgelegt, welche Tätigkeiten unter dieses Verbot fallen.

Der zweite und achte Tag in der Diaspora wurden von den rabbinischen Autoritäten als zusätzliche Jom-Tow-Tage eingeführt – aus einem sehr praktischen Grund: In der Zeit vor präzisen Kalenderberechnungen und moderner Kommunikation war es außerhalb Israels schwierig, den exakten Monatsbeginn – und damit den korrekten Festtag – zu bestimmen. Um sicherzugehen, dass keine Festtage verpasst wurden, führten unsere Weisen den sogenannten Jom Tow Scheni schel Galut („zweiter Feiertag der Diaspora“) ein.


📱 Moderne Herausforderungen: Arbeiten in der digitalen Welt

Heute stehen viele von uns vor Fragen, die unsere Vorfahren noch nicht kannten:Darf ich an Jom Towv E-Mails checken? Ist Home-Office an Chol HaMoed erlaubt? Was ist mit dringenden Online-Meetings?


Die Grundprinzipien bleiben dieselben – ihre Anwendung muss jedoch häufig neu interpretiert werden:

  • An Jom-Tow-Tagen sollten elektronische Geräte gemäß traditioneller Halacha nicht benutzt werden – dazu zählen auch E-Mails, Videoanrufe oder digitale Arbeit.

  • An Chol HaMoed gilt: Wenn die Arbeit notwendig ist, um einen finanziellen Schaden abzuwenden oder wenn sie zur Festfreude beiträgt, kann sie erlaubt sein.


Dabei sollte eines nicht vergessen werden: Pessach ist eine Zeit der Freiheit – nicht nur historisch, sondern auch persönlich. Können wir wirklich Freiheit spüren, wenn wir ständig aufs Smartphone schauen oder uns vom Arbeitsalltag vereinnahmen lassen?

Einmal sagte mir mein Rabbiner:

„Wenn deine Vorfahren die Kraft hatten, die ägyptische Sklaverei zu verlassen, solltest du auch die Kraft haben, dein Handy für ein paar Tage beiseitezulegen.“ 🤔
👨‍👩‍👧‍👦 Praktische Tipps für die Vereinbarkeit von Pessach und Beruf

Hier einige hilfreiche Ratschläge, wie ihr die Balance zwischen Pessach-Observanz und beruflichen Verpflichtungen finden könnt:

  1. Rechtzeitig planen

  2. Informiert euren Arbeitgeber frühzeitig über die Feiertage. In Deutschland besteht die Möglichkeit, aus religiösen Gründen Urlaub zu nehmen – macht davon Gebrauch. Ein klärendes Gespräch mit dem Vorgesetzten einige Wochen vor dem Fest kann viele Missverständnisse vermeiden.

  3. Arbeitsumgebung vorbereiten

  4. Schließt vor Beginn des Festes wichtige Projekte ab oder delegiert sie. Stellt eine automatische Abwesenheitsnotiz ein, die auf eure eingeschränkte Erreichbarkeit während der Feiertage hinweist.

  5. Chol HaMoed sinnvoll nutzen

  6. Falls ihr an Chol HaMoed arbeiten müsst, reduziert die Arbeitszeit auf das Nötigste. Nutzt, wenn möglich, flexible Arbeitszeiten, um dennoch an den festlichen Aktivitäten teilzunehmen.

  7. Die richtige Balance finden

  8. Vergesst nicht: Pessach ist nicht nur durch Verbote geprägt, sondern vor allem ein freudiges Fest! Sucht nach Wegen, diese Freude mit eurer Arbeit zu vereinbaren.


🌍 Unterschiede zwischen Israel und der Diaspora

Wie bereits erwähnt, unterscheidet sich die Feier von Pessach je nach Aufenthaltsort:


In Israel:

  • Pessach dauert sieben Tage

  • Nur der erste und der siebte Tag sind Jom Tow mit Arbeitsverbot

  • Es gibt einen Sederabend (am ersten Abend)

  • Chol HaMoed umfasst fünf Tage (16.–20. Nissan)


In der Diaspora:

  • Pessach dauert acht Tage

  • Der erste, zweite, siebte und achte Tag sind Jom Tow

  • Es gibt zwei Sederabende (am ersten und zweiten Abend)

  • Chol HaMoed umfasst vier Tage (17.–20. Nissan)


🎓 Besondere Überlegungen je nach Berufsgruppe

Je nach Tätigkeit ergeben sich unterschiedliche Herausforderungen im Umgang mit Pessach und Arbeit:


Für Angestellte in nicht-jüdischen Unternehmen

Erklärt euren Vorgesetzten die religiöse Bedeutung der Feiertage und nutzt euer Recht auf religiöse Freistellung. Bietet an, Arbeitszeiten flexibel zu gestalten – zum Beispiel durch Vor- oder Nacharbeit.


Für Selbstständige und Unternehmer

Plant eure Projekte so, dass keine wichtigen Fristen auf die Feiertage fallen. Kommuniziert frühzeitig mit Kundinnen und Kunden über eure eingeschränkte Verfügbarkeit.


Für Ärztinnen, Pflegekräfte und andere systemrelevante Berufe

Die Halacha erkennt an, dass das Retten von Leben (Pikuach Nefesch) Vorrang hat – auch vor Jom Tow. Medizinisch notwendige Arbeit ist daher erlaubt. Dennoch sollten nicht-dringende Aufgaben möglichst vermieden oder an andere delegiert werden.


Für Lehrkräfte und Studierende

Viele Bildungseinrichtungen zeigen Verständnis für religiöse Belange. Nutzt die Möglichkeit, euch von Prüfungen oder Unterricht befreien zu lassen – mit einem rechtzeitig gestellten Antrag.


📝 Zusammenfassung: Pessach und Arbeit auf einen Blick

Werfen wir zum Abschluss noch einmal einen Blick auf das Wichtigste:


📍 In der Diaspora:

Arbeitsverbot gilt an vier Tagen:

  • 15. Nissan – Erster Feiertag, erster Sederabend

  • 16. Nissan – Zweiter Feiertag, zweiter Sederabend

  • 21. Nissan – Erinnerung an die Teilung des Schilfmeers

  • 22. Nissan – Abschlusstag des Festes


Eingeschränkte Arbeit an:

  • Chol HaMoed – 17. bis 20. Nissan


Kein formelles Arbeitsverbot, aber ein verbreiteter Brauch der Arbeitsruhe ab Mittag an:

  • Erev Pessach – 14. Nissan


📍 In Israel:

Arbeitsverbot gilt an zwei Tagen:

  • 15. Nissan – Erster Feiertag und Sederabend

  • 21. Nissan – Abschlusstag des Festes


Eingeschränkte Arbeit an:

  • Chol HaMoed – 16. bis 20. Nissan


Auch in Israel gilt:

  • An Erev Pessach (14. Nissan) ist es üblich, ab Mittag nicht mehr zu arbeiten.


🌟 Schlussgedanken: Freiheit durch Grenzen

Es mag auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen, dass wir unsere Freiheit ausgerechnet durch das Einhalten von Regeln feiern. Doch wahre Freiheit bedeutet nicht die völlige Abwesenheit von Struktur – sondern die Möglichkeit, unser Leben bewusst nach unseren höchsten Werten zu gestalten.


Die Arbeitsverbote während Pessach erinnern uns daran, dass wir mehr sind als unsere berufliche Rolle. Sie schenken uns Zeit – für die Verbindung zu G’tt, zu unserer Familie, zu unserer Gemeinschaft und zu uns selbst.


Wie Rabbi Joseph B. Soloveitchik einst lehrte:

„Der Mensch erreicht Würde und Bedeutung nicht durch das, was er erschafft oder kontrolliert, sondern durch das, was er ist.“

In diesem Sinne wünschen wir euch ein koscheres und freudiges Pessach-Fest. Möget ihr die Ruhe der Jom-Tow-Tage ebenso genießen wie die besondere Zeit von Chol HaMoed – mit Sinn, Freude und innerer Freiheit!


Chag Pessach Kascher v’Sameach! 🎉🌟✨

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